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Jahresabrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft kann bei erschwerter Nachvollziehbarkeit angefochten werden (Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 11. 01. 2012, Az. 72 C 118/11) von Rechtsanwalt Alexander Kysucan

Die Jahresabrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft soll die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, sich ohne weitere Nachforschungen oder der Hinzuziehung eines Buchprüfers bzw. sonstigen Sachverständigen einen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft zu verschaffen. Dazu gehört auch die Angabe, aus welchem Zeitraum eine etwaige Nachzahlungen stammt und welchem Wirtschaftsjahr sie zuzurechnen sind. Ebenso muss die Jahresabrechnung aus sich selbst heraus verständlich machen, ob es sich um ein Guthaben oder eine tatsächlich geleistete Zahlung handelt. Einnahmen und Ausgaben sind zu trennen. Wieviel einzelne Heizungen verbrauchen muss nachvollziehbar sein.

Gerade dies hatten gleich sieben von der Kanzlei Kysucan vertretene Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Berlin Charlottenburg beanstandet und deren Abrechnung – die schon im Jahr zuvor in weiten Teilen für ungültig erklärt worden war - erfolgreich vor Gericht angefochten (Urteil des AG Charlottenburg von Berlin vom 11. 01. 2012, 72 C 118/11). In ihrer Gesamtabrechnung waren die Punkte „Forderungen“ und „Einnahmen“ miteinander vermengt worden. Nach Ansicht der Kläger hätten Forderungen dort überhaupt nichts zu suchen gehabt. So wurde unter Einnahmen eine Forderung für 2009 verbucht. Die Beklagten erklärten, es handele sich um eine Zahlung. Dann ist aber die Formulierung „Forderung“ nicht nachvollziehbar, weil in diesem Fall keine Forderung mehr besteht. Des weiteren wurde von den Beklagten erklärt, der Betrag wäre als Guthaben ausgezahlt worden. In diesem Fall hätte der Betrag aber unter „Ausgaben“ und nicht unter „Einnahmen“ verbucht werden müssen.

Zudem war eine Zahlung für das Wirtschaftsjahr 2010 mit der Angabe „Hausgeldnachzahlung 2009“ angegeben worden. Schon hieraus sei nach Ansicht des Gerichts nicht ersichtlich, ob die Zahlung 2010 geflossen sei oder es sich um eine Zahlung im Jahr 2009 handelt, was nach objektiver Wortlautauslegung eher anzunehmen sei. Nach Angaben der Beklagten handelte es sich um eine 2010 geleistete Zahlung für 2009, was sich aber nach Auffassung des Gerichts eben nicht aus dem Wortlaut ergibt. Da damit die Abrechnung insgesamt nicht nachvollziehbar und widersprüchlich sei, käme auch keine Teilanfechtung der Abrechnung in Betracht.

Ferner war die Abrechnung wegen weiterer Fehler zu beanstanden, u. a. weil der Verbrauch einiger Heizkörper in der Gemeinschaft wiederholt geschätzt worden ist. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob nach § 9a Abs. 1 HeizkVO Schätzungen des Verbrauchs für mehrere aufeinander folgende Abrechnungszeiträume zulässig wären (verneint z. B. durch das AG Charlottenburg, Urteil vom 15. 09. 2010, 72 C 68/10) jedenfalls dann, wenn die Grundlagen der Schätzung nicht angegeben werden. Denn eine solche Schätzung sei mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung nicht zu vereinbaren.

Mit ihrer Klage wendeten sich die Kläger zudem erfolgreich gegen einen weiteren, inhaltlich unbestimmten Beschluss der Gemeinschaft. Der Streitwert allein für die Anfechtung der Abrechnung wurde auf knapp 40.000,00 Euro festgesetzt. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des LG Berlin (Beschluss vom 19. 04. 2011, 85 T 129/11) wurde der Streitwert mit der Hälfte der Gesamtausgaben bemessen, da das fünffache klägerische Interesse höher und damit nicht maßgeblich war.