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Onlinehändler mit 100 eingestellten Artikeln, fast nur Neuware, handelt nicht gewerblich

Ein eBay-Verkäufer hatte sich als „privater Verkäufer“ angemeldet und in zehn Jahren einen Bewertungspunktestand von 1.155 erreicht, fast 1.000 davon waren Verkaufsbewertungen. Im letzten Jahr hatte er 143 Verkaufsbewertungen erzielt. Anfang Dezember 2013 hatte er 88 Angebote bei eBay gleichzeitig eingestellt, Ende Oktober 2013 waren es 100. In seinen Angebotstexten stand: „Sollten Sie noch mehr benötigen, einfach anfragen!“. Innerhalb von ungefähr vier Monaten hatte er drei Mal seinen Mitgliedsnamen gewechselt. Es handelte sich fast ausschließlich um gleichartige Ware, fast ausschließlich Neuware in der Originalverpackung. Die Preise lagen zwischen 4,00 € und 19,99 € Deshalb war er abgemahnt und dazu aufgefordert worden, sich demnächst nicht mehr „privater Verkäufer“ zu nennen. Nach der Abmahnung verbarg er seine Bewertungen. Der Fall ging vor Gericht.

Im vorliegenden Fall erkennt die vierte Kammer für Handelssachen des Landgerichts Leipzig in seinem rechtskräftigen Urteil vom 23.05.2014, Aktenzeichen: 04 HK O 415/14 kein gewerbliches Handeln:

Verkäufe von Neuwaren an sich kommen aber bei Verbrauchern oft vor (s. dazu Föhlisch aaO. 17), wie überhaupt unbeachtlich ist jedenfalls hier, dass Waren fotografisch – schlicht eben nur – abgebildet wurden. Fotos ins Internet einzustellen ist heutzutage als solches keine Besonderheit von Unternehmen mehr. Es mag zwar schließlich von einem Ausschluss einer Garantie – gemeint offenbar Gewährleistung, was wieder beredt ist – die Rede sein, aber AGB werden nicht verwandt. Das Handeln unter drei Bezeichnungen reicht daher auch in Zusammenschau noch nicht aus, zumal es dafür auch andere Gründe geben kann als eine warum auch immer – eher spekulativ – gewollte Verschleierung eines unternehmerischen Tätigwerdens im Hinblick auf Wettbewerbs- wie Steuerrecht.“.

Offensichtlich eine Fehlentscheidung, möglicherweise auch wegen unzureichender Wahrnehmung des Sachverhalts durch das Gericht, das viele der o. g. Indizien schon im Tatbestand des Urteils nicht erwähnte und auf Dinge abstellte, die niemals vorgetragen wurden. Jegliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BGH, wonach jedes konstante Auftreten auf dem Markt ausreicht, damit jemand als Gewerbetreibender zu qualifizieren ist, und mit der Entscheidung des BGH, Urteil vom 04.12.2008, Az. I ZR 3/06, fehlt. Danach reichen 66 Verkaufsbewertungen in einem Dreivierteljahr für die Annahme gewerblichen Handelns aus.